Reputation von erheblicher Bedeutung; die Anwaltskanzlei Farnan LLP aus Wilmington, USA, erreicht einen aufsehenerregenden außergerichtlichen Vergleich.
Fox News und Dominion Voting Systems haben sich am 18.04.2023 kurz vor Prozesseröffnung auf einen Vergleich in Höhe von 787 Millionen Dollar – umgerechnet 717 Millionen Euro – geeinigt. Aktenzeichen Verfahren: CaseNo.N21C- 03-257EMD
US Klage eingereicht wegen Reputationsschaden
Der Wahlmaschinenhersteller Dominion Voting Systems aus den USA hatte dem Sender (ebenfalls USA) vorgeworfen, nach den US-Wahlen 2020 falsche Behauptungen von Trump-Verbündeten ausgestrahlt zu haben. Die hergestellten Maschinen hätten die Stimmen zugunsten von Joe Biden verfälscht. Diese Behauptung traf das Unternehmen in seiner Kernkompetenz und war extrem geschäftsschädigend. Vor dem Gericht „THE SUPERIOR COURT OF THE STATE OF DELAWARE“ erhob die Klägerseite Klage und legte auf 192 Seiten dar, dass die Angaben falsch waren und verlangte Strafschadenersatz. Offenbar war dieser Anspruch bereits so überzeugend dargelegt, dass vor dem Beginn des offiziellen Klageverfahrens vor Gericht eine außergerichtliche Einigung bekannt wurde.
Wirkung des Verfahrens für Deutschland
Das Urteil kann auch für deutsche Unternehmen weitreichende Bedeutung haben. Wer als Unternehmer in den USA Geschäfte macht und ein amerikanisches Unternehmen oder ein anderes Unternehmen mit Bezug zu den USA schmäht, kann sich extrem hohen Schadenersatzforderungen ausgesetzt sehen bzw. hohe Schadenersatzforderungen verlangen. Es muss nur die Zuständigkeit eines US Gerichts gegeben sein.
„punitive damages“ – Strafschadenersatz ist extrem hoch
Was ist rechtlich hierzu zu sagen: Das amerikanische System unterscheidet zwischen normalem Schadenersatz und Strafschadenersatz.
Hierzu kurz folgendes: „compensatory damages“ entspricht der deutschen Idee des Schadenersatzes, also dem echten Schaden. Wird zum Beispiel die Hose dreckig, weil der Kaffeebecher undicht ist, entstehen Reinigungskosten von bspw. 2,80 € als Schadenersatz (compensatory damages). Hinzukommen in den USA zum Teil aus deutscher Sicht extrem hohe „punitive damages von bspw. 50 Millionen Dollar. Das ist eine Strafschadenszahlung an denjenigen, der sich des Problems für die Gemeinschaft angenommen hat. Es handelt sich dabei um eine Art von Schadenersatz, die über den eigentlichen Schadensersatz hinausgeht und zusätzlich als Strafe für das Fehlverhalten des Schädigers verhängt wird.
Punitive damages werden in der Regel verhängt, wenn das Fehlverhalten des Schädigers besonders schwerwiegend war, zum Beispiel bei vorsätzlichem Handeln oder grober Fahrlässigkeit. Das Ziel dieser Strafe ist es, den Schädiger abzuschrecken und zu verhindern, dass er in Zukunft ähnliches Fehlverhalten zeigt.
Solche Urteile aus den USA sind in Deutschland vollstreckbar; außerdem können die Prozesskosten verlangt werden (Aktenzeichen 6 O 60.18, Landgericht Cottbus).
Hintergrund zum Unternehmenspersönlichkeitsrecht in Deutschland
Der Gesetzgeber hatte den besonderen Schutz von Unternehmen nicht geregelt, sodass das Unternehmenspersönlichkeitsrecht von der Rechtsprechung aus den §§ 823 Absatz 1, 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) entwickelt wurde. Damit ist klargestellt, dass das Recht immer gilt und Schutz bietet vor Angriffen auf den guten Ruf eines Unternehmens durch jeden Angreifer.
Beispiel eines Urteils des Bundesgerichtshofs – Schutz des Unternehmens und Herleitung des Anspruchs
So hat der BGH, Urteil vom 16.12.2014 – VI ZR 39/14, entschieden, dass ein Unternehmen sich gegen rufschädigende Angriffe mit Unterlassungsklage wehren kann, soweit der Angriff die Gesellschaft selbst trifft und nicht nur einen Chef, oder Gesellschafter oder Mitarbeiter persönlich.
Das Unternehmen selbst hat demzufolge sozusagen eine Seele, weil der Bundesgerichtshof sagt: „Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der KIägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 – VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 8. Februar 1994 – VI ZR 286/93, AfP 1994, 138 f.; vom 11. März 2008 – VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9). Denn die Verwendung der beanstandeten Begriffe ist geeignet, ihr unternehmerisches Ansehen in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen.“
Das Bundesverfassungsgericht sieht das ähnlich, 1 BvR 737/94, und sagt, „der Art. 2 Abs. 1 GG schützt als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit auch die Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr, so dass auch juristische Personen jedenfalls insoweit seine Verletzung geltend machen können, als ihr Recht auf freie wirtschaftliche Betätigung betroffen ist.“
Um bei dem Bild zu bleiben: Wenn die „Seele“ eines Unternehmens betroffen ist, kann sich das Unternehmen wehren.
Dies ist wohl am besten mit dem auch in der Rechtsprechung im Rahmen vor § 823 Absatz 1 BGB entwickelten absoluten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vergleichbar. Unternehmen werden darüber Schadensersatzansprüche zugesprochen, wenn ein betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb vorliegt. Als Beispiel kann an einen Schadensersatzanspruch als Folge für einen Boykottaufruf gedacht werden. Auch hieraus kann dann gemäß § 1004 Abs.1 BGB ein Unterlassungsanspruch hergeleitet werden. Überschneidungen zu dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht sind denkbar und wahrscheinlich, sodass meist die Wahl offen bleiben wird, ob sich ein geschädigtes Unternehmen auf das Unternehmenspersönlichkeitsrecht oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen wird.
Klage von deutschen Unternehmen in den USA
In Deutschland können Unternehmen bei Reputationsschäden normalen Schadenersatz verlangen; bei Bezug zu den USA – z.B. auch USA Geschäft betroffen – kann auch Strafschadenersatz verlangt werden. Das ist aufgrund der extremen Höhe für Schädiger existenzbedrohend.
Zum Weiterlesen:
In den USA wird auch diskutiert, ob das Urteil New York Times gegen Sullivan vom obersten Gerichtshof noch zeitgemäß ist. In dem fast sechzig Jahre alten Urteil war festgeschrieben worden, dass Klage gegen die Presse nur bei nachgewiesener „Böswilligkeit“ der Presse erfolgreich sein können. Ganz im Gegenteil erwartet man, dass der Oberste Gerichtshof die „Freiheit“ des Internets zum Schutze von Opfern einschränken wird.
V.i.S.d.P.:
Valentin Markus Schulte
Stud. Iur & Volkswirt
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